Der Wandel als Chance – Wirtschaft fördern, Arbeitsplätze sichern

Veröffentlicht am 18.10.2010 in Beschlüsse

Jetzt müssen die richtigen Weichenstellungen für eine nachhaltige und dauerhafte Beschäftigung in der Region Stuttgart vorgenommen werden. Neben der Stabilisierung der Realwirtschaft und der Regulierung der Finanzwirtschaft muss sich die Wirtschaftspolitik an einer aktiven Industriepolitik und einer nachhaltiger Wirtschaftsförderung – insbesondere bei der Gründung neuer Unternehmen – messen lassen.

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Die Banken- und Finanzkrise hat eine weltweite Wirtschaftskrise ausgelöst, die zunehmend von Firmensterben mit dem Verlust industrieller Arbeitsplätze begleitet war. Baden-Württemberg stand im Zentrum der Krise, weil es mehr Industrieland ist als andere. Besonders die Region Stuttgart ist in solchen Krisensituationen besonders anfällig, da die Wirtschaftstruktur und der Arbeitsmarkt vom regionalen Automotiv-Cluster geprägt sind. Jetzt müssen die richtigen Weichenstellungen für eine nachhaltige und dauerhafte Beschäftigung in der Region Stuttgart vorgenommen werden. Neben der Stabilisierung der Realwirtschaft und der Regulierung der Finanzwirtschaft muss sich die Wirtschaftspolitik an einer aktiven Industriepolitik und einer nachhaltiger Wirtschaftsförderung – insbesondere bei der Gründung neuer Unternehmen – messen lassen.

Die schwarz-gelbe Landesregierung hat die Auswirkungen und Folgen der Krise für Land und Region zu keiner Zeit in ihrer Dimension erfasst. Ein wirklicher wirtschaftspolitischer Diskurs ist bislang unterblieben. Zwar hat die Landesregierung ihr existierendes Kriseninstrumentarium etwas ausgeweitet, sie war jedoch bei der Anerkennung einer zunehmenden Kreditklemme der Unternehmen abwehrend und abwiegelnd. Neue Instrumente, geschweige denn neue wirtschaftpolitische Ziele sind nicht hinzugekommen.

Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten haben den politischen Willen, die notwendigen Interventionen zur Sicherung bestehender und Schaffung neuer Arbeitsplätze im Lande anzustoßen und werden unser Handeln daran ausrichten. Die SPD-Landtagsfraktion hat dies bereits mit ihren Vorschlägen einer Mittelstandsanleihe, eines Baden-Württemberg-Fonds und eines Kreditmediators unterstrichen. Mit dem vom Karlsruher Landesparteitag verabschiedeten industriepolitischen Leitantrag ist ein ordnungspolitscher Rahmen gegeben. Ein zentraler Gedanke sozialdemokratischer Wirtschaftspolitik ist es, gute Arbeit zu fördern und den Menschen den sozialen Aufstieg in Eigenverantwortung zu ermöglichen, indem sie Arbeit für sich und Arbeitsplätze für andere in unserer Region schaffen. Wir werben für ein gemeinsames Verständnis von Unternehmen, Gewerkschaften und Politik zur krisenhaften Lage und für Strategien aus der Krise. Hierzu zählen für uns insbesondere:

• Innovative und transparente Finanzhilfen zur Selbsthilfe der Unternehmen
• Direkte und nachhaltige Wachstumsimpulse für die Unternehmen unserer Region
• Deutliche Vertretung der Unternehmen und ihrer Beschäftigten gegenüber Kommunen, Land und Europa

Finanzierungen mit Zukunft – zielgerichtete und transparente Hilfen für unsere Unternehmen
Sowohl die Eigenkapitalschwäche als auch der erschwerte Fremdkapitalzugang gefährden Unternehmen. Der sich abzeichnende Aufschwung stellt für die Unternehmen – und somit auch für die Arbeitsplätze – ein ernstzunehmendes Risiko dar. Um den Strukturwandel voranzutreiben, müssen Investitionen in neue Technologien getätigt und die bisherigen Technologien weiterentwickelt werden. Aufgrund hoher Kreditkosten und einer zögerlichen Kreditvergabe durch die Banken, können sich Unternehmen neue Schulden kaum leisten. Darum gilt es, die enormen Refinanzierungsprobleme der kleinen und mittelständischen Unternehmen durch geeignete Maßnahmen abzufedern.

1.) Regionalfonds einführen
Die Einführung eines Regionalfonds zur Brückenfinanzierung von Industrieunterneh-men ist hierfür ein wichtiger Schritt. Durch den Regionalfonds sollen stille Beteiligungen an mittelständische Unternehmen geschaffen werden. Mit der Stärkung des Eigenkapitalanteils wollen wir es den Unternehmen ermöglichen, bei der Kreditvergabe bessere und günstigere Konditionen zu erreichen, um Engpässe bei notwendigen Investitionen zu vermeiden.

2.) Transparente Darstellung der Fördermöglichkeiten anbieten
Eine weitere, wichtige Aufgabe der Wirtschaftspolitik ist es, die angebotenen Möglichkeiten der Finanzierung den Unternehmen in der Region transparent aufzuzeigen. Wir fordern deshalb die Erstellung eines Portals, welches der Wirtschaft die zur Verfügung stehenden staatlichen Maßnahmen und Produkte zur Absatzfinanzierung übersichtlich aufzeigt.

Wachstum mit Zukunft – direkte und nachhaltige Impulse für unsere Unternehmen
Ebenso wichtig wie die finanzwirtschaftliche Stützung unserer Wirtschaft ist es, durch öffentliche Aktion die regionale Produktion und Nachfrage in Zeiten der Krise zu stimulieren. Im Bewusstsein einer veränderten und gleichwohl stabilisierten industriellen Substanz werden wir den Strukturwandel aktiv gestalten. Die künftigen Wachstumsmärkte liegen in den Bereichen Mobilität, Energie, Umwelt, Gesundheit, Sicherheit, Medien und Kommunikation.

1.) Regionale Produkte unterstützen - Industrielle Forschungsschwerpunkte setzen
Es ist auch für eine exportorientierte Region erlaubt und sinnvoll, die öffentliche Be-schaffungspolitik auf Produkte auszurichten, welche in der Region hergestellt und gewartet werden. Dies gilt insbesondere für Innovationen. Durch eine bewusste Hervorhebung von zukunftsgerichteten, regionalen Produkten, wie etwa hybride Öko-Busse im Stadt- und Überlandverkehr oder die Einführung einer neuen Generation von Rettungsfahrzeugen, können Marktchancen eröffnet und der Strukturwandel vorangetrieben werden. Diese Maßnahmen sind durch die Förderung bestehender und den Ausbau neuer Forschungszentren von Seiten der Bundes- und Landesregierung zu flankieren. Dazu zählen insbesondere alle interdisziplinären Forschungszweige zwischen Mechanik, Elektronik und Biochemie, bei welchen die Region Stuttgart mit ihrer industriellen Kompetenz Besonderes leisten kann und die Talente der Welt anzieht. Das Land ist in der Pflicht, die in seiner Kompetenz angesiedelte industrielle Verbund- und Vertragsforschung zu stärken, damit industrielle Nischen Impulse erhalten, aber endlich auch eine „Spin off-Kultur“ von Hochschulausgründungen mit gutem wirtschaftlichem Erfolg forciert wird. Als weiterer Schritt ist ein Innovationsportal einzuführen, das die Expertise aus Industrie und Forschung vernetzt und Unternehmen sowie Existenzgründern verfügbar macht.

2.) Wirtschaftsförderung zielgerichtet einsetzen – Kommunen und Metropolregion ein-binden
Wir werden die regionale Wirtschaftsförderung stärker als Marketinginstrument auf nationaler und internationaler Ebene einsetzen. Ihre Aufgaben sind kontinuierlich den wirtschaftlichen Gegebenheiten anzupassen, um hierdurch eine zukunftsgerichtete Perspektive zu beizubehalten. Dabei gilt es insbesondere, die finanziellen Mittel sinnvoll und zielgerichtet einzusetzen. Hierzu ist eine präzisere Abstimmung in der Wirtschaftförderung zwischen Land, Region, Kommunen und Wirtschaftkammern dringend erforderlich. Wir setzen uns dafür ein, dass die Zusammenarbeit der regionalen Wirtschaftförderung mit den kommunalen Wirtschaftsförderern systematisch zu einem Netzwerk entwickelt und institutionalisiert wird. Die Region soll hierbei als Partner der Kommunen auftreten. Darüber hinaus müssen auch die Synergieeffekte mit der „Metropolregion Stuttgart“ näher beleuchtet werden, um festzustellen, ob und wie das Projekt „Metropolregion“ die wirtschaftliche Entwicklung der Region Stuttgart stärken kann. Auf europäischer Ebene ist die Zusammenarbeit des Europa-Büros der Region mit dem des Landes zu intensivieren.

3.) Der Jugend eine Chance bieten – Ausbildung zukunftsgerecht gestalten
Eine Umstellung auf die Elektromobilität ist auch eine Frage der Qualifikation. Die Wirtschaft in der Region Stuttgart lebt von ihren Fachkräften. Wasserstoff- und Elektroantriebe stellen neue technologische Herausforderungen an die Betriebe und ihre Mitarbeiter. Neben einer guten Hochschulausbildung ist deshalb vor allem das Erfolgsmodell der dreijährigen dualen Ausbildung zentral, um die benötigten Fachkräfte angemessen auf diese Zukunftsindustrien vorzubereiten. In einer hochentwickelten und exportorientierten Wirtschaftsregion muss eine Ausbildung den Auszubildenden umfassend und detailliert für einen erfolgreichen Einsatz ausbilden – dies gilt nicht zuletzt für technologiebasierte Zukunftsbranchen. Hierauf hat das Handwerk mit seinen Ausbildungsordnungen frühzeitig zu reagieren. Der Erwerb umfassender Qualifikationen gilt heute als die Schlüsselkompetenz für wirtschaftlichen Erfolg auf Basis von Innovation und Modernisierung. Deshalb sind ein Ausbau und die Weiterentwicklung qualifizierter Aus- und Weiterbildung, anstatt einer Aushöhlung der dualen Ausbildung erforderlich.

4.) Die Kraft der Schwachen nutzen – Langzeitarbeitslose regional qualifizieren
Die Unternehmen in der Region Stuttgart suchen nach wie vor händeringend nach Fachkräften. Zugleich steigt der Anteil der Langzeitarbeitslosen auch in der Region Stuttgart langsam, aber stetig. Oft handelt es sich hierbei um Menschen mit geringerer Qualifikation, die bei einer Erholung am Arbeitsmarkt weniger profitieren. Kurzzeitarbeitslose mit besserer Eignung kommen dreimal so schnell wieder in eine Festanstellung. Wir wollen den gering Qualifizierten eine berufliche Perspektive bieten und zugleich dem Fachkräftemangel entgegentreten. Hierzu sind gemeinsam mit den Kommunen „regionale Integrationsprojekte“ einzurichten. „Integrationsbegleiter“ kümmern sich als Ansprechpartner um die Betroffenen, beraten sie individuell und bedarfsgerecht, assistieren ihnen bei der Wiederherstellung oder dem Erhalt ihrer Beschäftigungsfähigkeit durch eine erforderliche Qualifikation und eröffnen ihnen durch eine sozialpädagogische Betreuung sowie eine Kooperation mit regionalen Arbeitgebern neue Berufschancen.

5.) Für eine Kultur der Selbständigkeit – Perspektive wechseln, Chancen eröffnen
Gerade in Krisenzeiten brauchen Menschen eine Zukunftsperspektive. Damit aus Angestellten, Beamten oder Arbeitslosen Unternehmer werden, bedarf es Menschen mit Mut, Eigeninitiative und Risikobereitschaft. Nach einer aktuellen Untersuchung der IHK schneidet die Region Stuttgart im bundesweiten Existenzgründervergleich am schlechtesten ab, da die Neigung zu unternehmerischem Risiko geringer ausgeprägt ist, solange Arbeitsplätze im industriellen Bereich angeboten werden. Es gilt, die aktuelle Krise in der industriellen Produktion als Chance zu begreifen und die Bereitschaft der Menschen zu fördern, Existenzen zu gründen und ihre Zukunft selbst in die Hand zu nehmen. Für uns leisten gute Arbeit nicht nur Menschen mit Arbeitsvertrag, sondern auch Selbständige - sowohl mit ihrer eigenen Schaffenskraft als auch als Arbeitgeber und Ausbilder. Sie schaffen gute Arbeit, tragen aber auch das Risiko hierfür. Wir werden den Schritt in die Selbständigkeit erleichtern. Neben dem Abbau von bürokratischen Hemmnissen werden wir auch dafür eintreten, die Finanzierung für Existenzgründungen zu vereinfachen. Aufgrund der oft fehlenden Sicherheiten erhalten Existenzgründer häufig kein Fremdkapital von ihrer Hausbank und werden bei Förderprogrammen benachteiligt. Durch eine gezielte Förderung von Gründungen im wissensintensiven Dienstleistungsgewerbe (IT-Firmen, Labore sowie Entwicklungs- und Ingenieurbüros) aber auch durch die Bereitstellung bzw. Koordination von günstigen Gewerbeflächen für Jungunternehmer kann der Strukturwandel aktiv gestaltet werden. Hierfür werden wir uns einsetzen. Wir werben für eine Kultur der Selbständigkeit in Verantwortung für gute Arbeit.

 

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